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Wenn die Grammatik wichtiger ist als der Inhalt

Selbst habe ich jahrelang mit der Grammatik im Streit, Angst, Scham und Wertlosigkeit gelebt. Meine Talente sind vielseitig, leider sind sie nicht gross in der Grammatik. Eine Schreibschwäche, hat mir mein Berufsleben so, oft zur Hölle gemacht. Als Sprach- und Redegewandte Persönlichkeit, in Kursen mit Flipcharts zur Ruhe verdammt zu werden aus Angst- und Schamgefühl aufgefordert zu werden vor allen zu schreiben ist eine Qual. Viele Jahre habe ich alles versucht, diesen «Makel» als den ich es angesehen habe zu vermeiden und zu verstecken. Konstant wurde mir auch immer wieder gesagt, wie blöd und ungebildet Menschen sind, die Schreibfehler machen. Das es mit Faulheit und Gleichgültigkeit zu tun hätte. Meist haben sich, dieselben Menschen keine Zeit genommen den Inhalt zu verstehen. Ihr Fokus liegt und lag immer nur, wie viele Wörter falsch geschrieben waren. So habe auch ich mich selbst verdammt, und gestresst bei allem, was ich schrieb. Was zu noch viel mehr Fehlern führt. Jedes Mal, wenn dann jemand meine Fehler sah und mich korrigierte, empfand ich es als persönliches Scheitern und ein komplettes Versagen. Ganz ehrlich, wenn ich einen Text lese, ist mir die Grammatik egal. Der Inhalt ist doch wertvoll. Bei Geschenken ist es doch dasselbe, wir beklagen uns ja auch nicht, wenn die Verpackung etwas unschön daherkommt. Seit Jahren versuche ich zu verstehen, warum so viel Menschen bei Texten nur auf die Fehler sehen und den Inhalt danach bemessen, wie hoch die Summe der Fehler ist.

Heute gehe ich an neuen Orten offen damit um. Ich erkläre, dass ich eine Schreibschwäche habe und bitte um Verzeihung für allfällige Fehler. Und voilà ich mache, dann meist auch viel weniger Fehler und wenn ist es kein Problem mehr für mich. Vor einigen Tagen wurde ich aber wieder getriggert. Ich realisierte, dass es mich wieder mal verletzt hatte, als ein Freund mir sagte, wie viele Fehler ich in einem kleinen Post hatte. Meine Reaktion für mich selbst war, wie doof ich doch bin nicht mal 5-8 Zeilen ohne Fehler zu schreiben. Mir wurde zum ersten Mal bewusst, dass ich selbst einen Unterschied mache, ob ich meine Schwäche offen in einem Raum, wo mich die Menschen sehen mache oder ob ich Texte schreibe, wo ich mich nicht erklären kann. Mit dieser Erkenntnis wurde mir wieder klar, dass ich mich noch immer schäme für meine Schwäche. Nun habe ich mir aber selbst gesagt, dass wenn ich etwas zu sagen habe, ich das auch tun sollte, egal wie viele Fehler in meinem Text sind. Menschen die mehr auf den Inhalt achten werden die Fehler sehen, aber sie werden keine Wichtigkeit haben. Grundsätzlich sollten wir doch immer wieder selbst überdenken, wie wichtig Verpackungen sind versus den Inhalt.


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